Reisebericht von Dr. med. Kirsten Delbanco Februar 2017

Kenya, eine unvergessliche Woche im Februar 2017 in Ukunda und Loleepo

Endlich hatte es geklappt mit Ina Wolst unsere Patenkinder in Ukunda, Kenya zu besuchen.

Seit Jahren unterstützen wir Tuko Pamoja Kenya e.V. und ich war natürlich sehr gespannt, die Schule und die Lebensumstände der Kinder zu erleben. Außerdem wollte ich mich über das neueste Projekt, die Planung und den Bau der Maternity, des Geburtshauses bei den Massais in Loleepo in der Nähe des Kilimandscharos vor Ort informieren.

Auch das Thema Verhütung liegt mir als Frauenärztin natürlich sehr am Herzen.

Gleich nach meiner Ankunft in Ukunda traf ich mich mit Ina Wolst und wir gingen zu den Hütten unserer Patenkinder. Als Erstes besuchten wir Papa Orenge, dem ich ein Blutdruckgerät mitgebracht hatte und wir erklärten seiner Frau, wie sie nun mehrmals am Tag den Blutdruck messen und alles notieren solle. Schon diese erste Begegnung faszinierte mich sehr und zeigte mir die Aufrichtigkeit vieler Menschen dort. Papa Orenge unterstützt, soweit es für ihn möglich ist, seine Tochter, die nun Medizin studieren will, obwohl die Familie in einer Hütte ohne Strom oder fließend Wasser lebt.

Weiter ging es zu den einfachen Häusern unserer Patenkinder. Es war sehr ergreifend, sie persönlich kennen zulernen und zu sehen, wie sie unter den einfachsten Bedingungen leben, alle so herzlich sind und sich so freuten, uns zu treffen, wo man sich sonst nur aus Briefen kannte.

Am nächsten Tag besuchte ich die St. Kevin Schule und kam mit gefüllten Taschen, um meine Mitbringsel zu verteilen. Franziska, eine Lehrerin, die auch mit uns nach Loleepo fuhr, suchte die Bedürftigsten aus und so sahen wir viele strahlende Gesichter mit Geschenken, vor allem mit Rucksäcken und Bällen. Es wurde gerade fleißig für das anstehende Dramafestival geübt, auch Purity, unser kleinstes Patenkind war eifrig dabei.

Leider konnte ich das Dramafestival dann nicht live erleben, da aus nicht so ganz geklärten Umständen (fehlende Zahlungen?) das Festival verschoben wurde. Aber Ina Wolst hat später daran teilgenommen und mir Bilder geschickt, sodass ich die Kinder in ihren bunten Kostümen bewundern konnte!

Ich war fasziniert von der Disziplin in den Klassen, schon die Kleinsten lernen auf Englisch in ihren Schuluniformen, lernte aber auch die andere Seite Kenyas kennen. Man muss immer auf der Hut sein, besonders was Geldzuwendungen betrifft. Man muss sich immer alles unter Zeugen bestätigen lassen, auch wird gerne später noch einmal ein Betrag nachgefordert, der vorher nicht vereinbart war und es geht alles sehr, sehr laaaaangsam, was für mich eine interessante Erfahrung war.

Am Abend ging es dann mit dem Bus (10 Stunden) nach Loleepo mit Ina Wolst und Franziska, einer Lehrerin der Schule und Vertraute des Vereins. Was für eine Fahrt!!! Gut, dass es Nacht war und ich die durchgeführten, aber auch abgebrochenen Überholmanöver unseres Busfahrers nicht immer so genau verfolgen konnte. Aus dem einspurigen Highway mit einem Laster mit Containern nach dem anderen, wurde ein 2-3 spuriger. Unglaublich! Aber wir sind unversehrt angekommen und bezogen nach einer weiteren ca. 2-stündigen Taxifahrt (13 Menschen in einem 7 Sitzer) ein Zimmer in unserer Mountain Lodge. Der Name war das Luxuriöseste, besonders an die Duschkonstruktion (das ganze Bad inklusive Toilette stand beim Duschen unter Wasser!) muss ich immer mal denken, wenn ich bei mir zuhause morgens unter der Dusche stehe.

Am nächsten Tag gingen wir im Nachbarort, Kimana,  auf einen Wochenmarkt. Was für ein Farbenmeer war dort zu sehen, die Kleidung der Menschen, die ausgestellten Waren, faszinierende Gesichter und wir auf der Suche nach 104 ( ich weiß die Zahl nicht mehr genau) gleichen kleinen Schulrucksäcken für die Schulkinder der Massais. Und es hat geklappt!

Auch der Viehmarkt war sehr beeindruckend, auf dem die Massais aus der Umgebung Ihre Tiere verkauften, wir wurden doch wirklich in ein Verkaufsgespräch um eine ausgemergelte Kuh verwickelt. Und es gab den besten Obstsalat der Welt, mit Avocado, wir wurden von allen Seiten in diesem kleinen Restaurant (Bretterhüttchen) fotografiert, da wir weit und breit die einzigen Weißen waren.

Am nächsten Tag stand nun der grosse Tag an, die Fahrt nach Loleepo. Welch ein Erlebnis! Ausgestattet mit den Rücksäckchen und Schulheften und ausnahmsweise Lutschern machten wir uns auf den Weg und wurden sooo herzlich empfangen. Was für warmherzige Menschen, die in ihrer farbenfrohen Kleidung für uns tanzten und sangen, die strahlenden Augen der Kinder als sie die gefüllten Rücksäcke bekamen und einen Lolli und sich ganz ordentlich in eine Reihe aufstellten. Später gab es Chapati und das „sportlichste“ Huhn ( O-Ton Ina Wolst) für die Gäste zu essen.

Was für ein Tag! Ich könnte noch so viele kleine, schöne Begebenheiten erzählen. Wirklich ergreifend!

Leider hatte der Governor kurzfristig abgesagt und auch von der Dispensary, also der Krankenstation, die bevor das Geburtshaus verwirklicht wird, gebaut werden sollte, war noch nichts zu sehen.

Ich sprach mit den Massaifrauen auch über Verhütung, da mir dieses Thema als Frauenärztin sehr am Herzen liegt. Mit 30 haben viele Frauen schon 10 Kinder, die verstorbenen nicht mitgerechnet. Bewegend empfand ich auch die Situation, als es einem kleinen Jungen nicht gut ging, er auf einem Karton am Boden lag und offensichtlich Fieber und Atemnot hatte. Wir fragten, was mit ihm nun passiere. Die Mutter, gerade ihr kleineres Kind stillend, meinte entweder schafft er es oder nicht! Der Weg in die nächste Krankenstation wäre zu weit und zu teuer. Wir gaben ihnen das Geld und nach einer Infusion mit Antibiotika ging es dem Kleinen am Nachmittag schon besser!

Auch das lernte ich in meiner Woche Kenya, dass man immer wieder mit Rückschritten rechnen muss. Ich bewundere Ina Wolst, dass sie sich nie davon abhalten lässt, weiter zu machen, immer wieder neue Ideen, z.B. einen neuen Brunnen in einem anderen Gebiet hat und diese verwirklichen wird. Ich kann es aber jetzt nach meiner Reise auch verstehen, denn wenn man in die Gesichter der Menschen sieht und das Lächeln und Strahlen der Kinder vor sich hat, ist viel vergessen.

Was für ein aufregender Tag, ich denke oft an diesen zurück.

Am nächsten Tag besuchten wir noch die nächste Krankenstation mit angeschlossenem Geburtszimmer! Unglaublich! Ina Wolst und ich waren schon ein wenig entsetzt über das Chaos in den Räumen und die trostlose Ausstattung. Ich musste doch direkt an einen Kreißsaal bei uns denken. Kein Vergleich!!!

Nun hoffe ich sehr, dass die Maternity gebaut wird, denn bei der Eröffnung in Loleepo werde ich ganz bestimmt dabei sein.

 Kirsten Delbanco